Vor 5 Jahren: Die Erneuerung der Oberhafenbrücke in Hamburg
[26. Dezember 2012] Im Rahmen der Umgestaltung der Hamburger Eisenbahnanlagen vor mehr als einhundert Jahren musste auch eine direkte Verbindung von den Norderelbbrücken zum Hamburger Hauptbahnhof geschaffen werden, der im Dezember 1906 eröffnet wurde.
Hierzu gehörte auch die Pfeilerbahn, eine aus Backsteinen gemauerte Gewölbekonstruktion entlang der Versmannstraße, sowie die Querung des Oberhafens und der nachfolgenden Deichtor- und Amsinckstraße. Als besonders aufwändiges Bauwerk wurde in diesem Verlauf die Oberhafenbrücke mit ihren beiden Vorlandbrücken über die Stockmeyerstraße und den Stadtdeich realisiert, die als zweistöckige Drehbrücke konzipiert wurde. Die ersten Arbeiten hierzu begannen vor nunmehr 110 Jahren im Jahr 1902. Drei Jahre später wurde die neue Brücke fertig gestellt. Ausführliche Informationen hierzu sind unter diesem Link zu finden.
Die Oberhafenbrücke besteht aus einer Ober- und Untergurtebene. Während auf der oberen Ebene vier Schienenstränge den gesamten Verkehr von und nach Harburg aufnehmen, steht die untere Ebene dem Straßenverkehr zur Verfügung, die damit eine direkte Verbindung aus der Stadt und damit vom Hauptbahnhof zum (inzwischen aufgegebenen) Hauptgüterbahnhof herstellt.
Die ursprüngliche Einrichtung als Drehbrücke diente der damals noch wesentlich umfangreicheren Binnenschiffahrt. Die Landwirte aus den Vier- und Marschlanden brachten damals mit kleineren Segelschiffen den gesamten Gemüsebedarf der Stadt über die Dove Elbe bzw. die Elbe in den Oberhafen, wo die Ware unmittelbar hinter der Oberhafenbrücke auf dem Deichtormarkt verkauft wurde.
Nach 100 Jahren zeigten sich an der Oberhafenbrücke Ermüdungserscheinungen, die auf den umfangreichen und besonders schwerer werdenden Zugverkehr zurückzuführen waren. Versuchte man noch zunächst, die Züge mit einer geringeren Geschwindigkeit über die Brücke fahren zu lassen, so fiel Anfang des neuen Jahrtausends der Entschluss, sowohl die Pfeilerbahn als auch die Brücken von der Norderelbbrücke bis zum Hauptbahnhof zu erneuern.
Die Firma Eiffel erhielt 2006 den Auftrag, die Brücken über den Oberhafen zu erneuern. Damit einhergehend mussten auch die beiden Vorlandbrücken über die Stockmeyerstrasse und den Stadtdeich neu gebaut werden sowie die Straßenbrücken über die Amsinck- und Deichtorstraße. Für die Statik, die Planung, Fertigung sowie für Bau und Montage der Brücken standen 14 Monate zur Verfügung. Hierbei war der Einbau der Oberhafenbrücke durch eine langfristig vorgegebene Sperrung der Bahnverbindung Hamburg – Norderelbbrücke vom 24.12.2007 bis zum 31.12.2007 vorgegeben. Mit Beginn des neuen Jahres und dem Einsetzen des Pendlerverkehrs sollte der Zugverkehr wieder über die beiden Güterzuggleise aufgenommen werden.
Zu Beginn des Jahres 2007 wurde auf dem Lohseplatz in direkter gerader Verlängerung der späteren Einschubposition der Brücke ein blauer Portalkran aufgestellt, mit dessen Hilfe die angelieferten Elemente zusammengeschweißt wurden. Die fertigen Elemente wurden dabei auf ca. 2 Meter hohe Holzstapel platziert, damit nach Fertigstellung der Brücke die Modulartransporter für den Transport unter die Brücke gefahren werden konnten.
Mitte Dezember 2007 war die 115 Meter lange, 19,10 Meter breite und 3.529 Tonnen schwere Brücke soweit fertig gestellt, dass am 16. Dezember 2007 der Verschub vom Lohseplatz über den Oberhafen auf die Hilfskonstruktion erfolgen konnte. Dieser erfolgte ohne größere Störungen, so dass ab dem 17. Dezember die alte und die neue Brücke nebeneinander lagen.
Am 24. Dezember erfolgte dann die Vollsperrung und der Abbau der beiden verbliebenen Gleise auf der alten Brücke. Bereits im Vorwege hatte man auf der unteren Strassenebene die Fahrbahn- und Gehwegbeläge aufgenommen und auch ansonsten alle möglichen sonstigen Anbauteile entfernt, um das Ausheben nicht unnötig zu erschweren. Ebenso wurden die beiden Vorlandbrücken über die Stockmeyerstraße und den Stadtdeich ausgehoben, an Ort und Stelle in LKW-gerechte Teile zerschnitten und gleich abtransportiert.
Nachdem das Bauwerk soweit „geleichtert“ worden war, zerschnitt man es in zwei Teile und positionierte bei Ebbe unter jedem Teil Pontons mit teilweise aus Containern bestehenden Tragegerüsten. Mit einsetzender Flut hoben sich die Pontons und damit die Brückenteile an und konnte dann mit Hilfe von Schleppern ausgeschwommen werden. Diese beiden großen Brückenteile lagen noch einige Tage auf den Pontons im Oberhafen und wurden dort anschließend zerlegt und abtransportiert.
Nachdem die alte Konstruktion abtransportiert war, konnte die nebenan liegende neue Brücke mit Hilfskonstruktionen querverschoben und um 2,35 Meter in die Endlage abgesenkt werden. Auf der östlichen Brückenhälfte wurden unmittelbar danach die beiden Güterzuggleise verlegt, so dass bis zum Jahresende wieder eine durchgehende Schienenverbindung zum Hauptbahnhof hergestellt werden konnte.
Im Verlauf der Personenzuggleise begann man in den ersten Januartagen damit, die Pfeilerbahn abzutragen und anschließend in Form einer anderen Konstruktion neu zu bauen. Ebenso dauerten die Bauarbeiten zwischen Oberhafenbrücke und Hauptbahnhof noch an und wurden erst 2008 beendet.
Text und Fotos, soweit nicht anders angegeben: Dierk Lawrenz