Tay-Brücke eingestürzt – vor 131 Jahren

Da Erfahrungen beim Brückenbau solchen Ausmaßes aber nicht vorlegen, bezeichnete selbst ein Abgeordneter nach dem Unglück die Pläne als ein „großes Experiment“. Am 25. Juli 1871 begann der Bau unter der Leitung des Ingenieurs Thomas Bouch. Sechs Jahre später, im Jahre 1877, wurde die Konstruktion in einer Gesamtlänge von 3,62 km fertiggestellt. Sie bestand aus 85 Feldern in Fachwerkbauweise, auf der ein eingleisiger Schienenstrang verlegt war.

Der Zugverkehr begann am 1. Juni 1878. Mit einer Durchfahrtshöhe von 26,8 m bei Hochwasser galt sie zu jener Zeit als die größte Eisenbahnbrücke der Welt. Während der Bauzeit traten verschiedene technische und finanzielle Probleme auf. So musste die Brückenkonstruktion verändert werden mit der Folge, dass die Konstruktion entscheidend geschwächt wurde. Unter anderem erforderte der problematische Untergrund am Meeresboden für das Mittelteil eine Vergrößerung der Spannweite sowie eine Reduzierung und eine Schwächung der Pfeiler. Verhängnisvolle Fehler, die sich schon 19 Monate nach der Inbetriebnahme bitter rächten.

Das-eingestuerzte-Mittelteil-der-TaybrueckeAm 28. Dezember 1879 war über dem Tay ein heftiger Sturm aufgezogen, der sich zum Abend hin zu einem Orkan mit Windstärken bis zu 160 km/h entwickelte. Der Postzug von Burntisland, der das Fährschiff aus Edinburgh abgewartet hatte, war bei diesem Wetter noch unterwegs und befuhr die Brücke um 19:20 Uhr. Beim Erreichen des höchsten Abschnittes brach das Mittelteil zusammen und stürzte mit dem Zug in den Fluss. Alle 72 Fahrgäste und die drei Bahnarbeiter fanden den Tod.

Bei der Untersuchung des Unfalls wurden für das Unglück folgende Gründe festgestellt:
Der Entwurf war grundsätzlich mangelhaft, die Konstruktion und Material entsprachen nicht dem damaligen Standard, die Bauaufsicht war mangelhaft, die Höchstgeschwindigkeit des Zuges auf der Brücke war zu hoch und schließlich wurde an der Sicherheit gespart. Maßgeblich zum Unglück dürften aber auch mangelnde Erfahrungen mit den auftretenden Windgeschwindigkeiten beigetragen haben. Die Lehren aus diesem Unglück wurde bei der Brücke über den Firth of Forth berücksichtigt, die zwar deutlich überdimensioniert erscheint, aber keinen Unfall aufzuweisen hat. Auch über den Tay wurde eine neue Brücke gebaut, auf der ebenfalls seit der Inbetriebnahme 1887 kein Unglück zu beklagen ist.

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Der Einsturz der Tay-Eisenbahnbrücke hat die Menschheit damals sehr bewegt und zahlreiche Dichter und Schriftsteller haben sich dieses Themas angenommen. So auch Theodor Fontane, der damals in Schottland weilte und seine Ballade „Die Brücke am Tay“ mit dem ebenso bekannten wie allzeit wahren Satz enden lässt: „Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand!“

Quelle: Bernhard Püschel: Historische Eisenbahn-Katastrophen – Eine Unfallchronik von 1840 bis 1926. Eisenbahn-Kurier, Freiburg 1977. Dieser Titel ist leider seit langer Zeit vergriffen.