LNVG: Zugverkehr auf dem Expresskreuz Bremen/Niedersachsen in 2026 gesichert
Foto: Dierk Lawrenz
[18.3.2025] Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) hat zusammen mit DB Regio AG und Alstom Transport Deutschland mbH ein Ersatzkonzept für das Expresskreuz Bremen/Niedersachsen ab Dezember 2025 entwickelt. Damit wird der Zugverkehr auf den Linien RE1 (Hannover – Bremen – Oldenburg – Norddeich Mole), RE8 (Hannover – Bremen – Bremerhaven-Lehe) und RE9 (Osnabrück – Bremen – Bremerhaven-Lehe) auch ab Dezember 2025 gewährleistet. Alle Fahrten können angeboten werden, allerdings zum Teil mit weniger Sitzplätzen.
Eigentlich sollen auf dem Expresskreuz bereits seit Dezember 2024 34 neue Doppelstockzüge rollen. Aufgrund von Lieferverzögerungen beim Hersteller Alstom war es lange fraglich, wie der Betrieb auf dem Expresskreuz trotz fehlender Neufahrzeuge gesichert werden kann. Ein erstes Ersatzkonzept gilt bis Dezember 2025, nun konnte eine Lösung erarbeitet werden, die den Betrieb bis zur endgültigen Bereitstellung der neuen Doppelstocktriebzüge sichert.
LNVG-Geschäftsführerin Carmen Schwabl betont: „Dieses Konzept ist leider eine Übergangslösung mit Komforteinschränkungen für die Fahrgäste, es gibt nicht für alle Linien Ersatzzüge mit genügend Plätzen. Alstom muss unbedingt ab März 2026 die ersten 20 neuen Züge liefern, damit sie ab Sommer eingesetzt werden können. Im Sinne der täglich 40.000 Fahrgäste wollen wir endlich das fahren können, was wir bestellt haben.“
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies hatte Alstom aufgefordert, an Lösungen zu arbeiten. Lies sagt nun mit Blick auf das Konzept: „Ich habe gerade in den jüngsten Wochen engagierte Kolleginnen und Kollegen von DB Regio, Alstom und LNVG gesehen, die gemeinsam alles darangesetzt haben, die Auswirkungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten. Allerdings – die Vorgeschichte zeigt auch: Die Bahnindustrie muss noch mehr die Bedürfnisse der Kunden und der Fahrgäste in den Blick nehmen. Wir brauchen eine neue Verlässlichkeit bei Lieferterminen, und wir müssen weiter daran arbeiten, den reibungslosen Betrieb sicherzustellen, um die Fahrgäste zuverlässig ans Ziel zu bringen. Deshalb ist das Ersatzkonzept ein wichtiger Zwischenschritt – nicht weniger, aber mit Blick auf die Lieferverzögerungen bei Alstom auch nicht mehr.“
Ute Plambeck, Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn AG für die Länder Niedersachen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sagt: „Im Schulterschluss mit dem Land und der LNVG haben wir alle Anstrengungen unternommen, unseren Fahrgästen das bestmögliche Fahrzeugkonzept als Zwischenlösung anzubieten. Dieses entspricht nicht unseren Qualitätsansprüchen und wird sowohl für unsere Fahrgäste als auch für unsere Mitarbeitenden herausfordernd. Wir hoffen nun auf eine baldige Lieferung der Züge."
Tim Dawidowsky, Präsident der Region Zentral- und Nordeuropa bei Alstom, sagt: „Wir danken der LNVG und der DB Regio für die konstruktive Zusammenarbeit und bedauern, dass ein Übergangskonzept notwendig wurde. Im Jahr 2026 wird der LNVG die gesamte neue Doppelstockflotte zur Verfügung stehen.“
Wie sieht das Ersatzkonzept aus?
Der Fahrplan bleibt unverändert, alle Zugfahrten können angeboten werden. Ändern werden sich überwiegend die eingesetzten Fahrzeuge:
- RE1 (Hannover – Bremen – Oldenburg – Norddeich Mole): Auf dieser Linie bleiben die bekannten roten Doppelstockzüge im Einsatz. Diese Züge werden erst im Dezember 2026 durch die neuen Doppelstocktriebzüge von Alstom ersetzt.
- RE8 (Hannover – Bremen – Bremerhaven-Lehe): Hier werden zwei- bis fünfteilige Fahrzeuge der Baureihe ET 442 von DB Regio eingesetzt. Sie werden im Sommer 2026 durch die neuen Züge von Alstom abgelöst.
- RE9 (Osnabrück – Bremen – Bremerhaven-Lehe): Ein Teil der Fahrten wird künftig von DB Regio mit Doppelstockzügen betrieben, die dafür auch zwei Loks von SRI Rail Invest GmbH nutzt. Der andere Teil wird von der Wedler Franz Logistik GmbH und Co. KG (WFL) gefahren, die ihre eigenen Doppelstockzüge einsetzen wird. Die Fahrzeuge werden im Sommer durch die neuen Doppelstocktriebzüge von Alstom ersetzt.
Welche Auswirkungen hat das Ersatzkonzept für Fahrgäste ab Dezember 2025?
Es kann auf der RE1 zu Einschränkungen bei der Nutzung von WLAN kommen. Auf der RE8 und 9 gibt es kein WLAN. Auf den Linien RE8 und RE9 muss die Zahl der Sitzplätze auf einem Großteil der Fahrten nochmals reduziert werden, da es keine Ersatzzüge mit ausreichender Platzzahl gibt. Die Züge auf der RE9 sind nicht klimatisiert.
Auf der RE8 ist ein barrierefreier Einstieg nur mittels einer manuellen Klapprampe möglich, die von Mitarbeitenden vor Ort bedient werden muss. Auch auf der RE9 wird ein Teil der Züge manuell zu bedienende Rampen haben. Mobilitätseingeschränkten Fahrgästen wird empfohlen, sich im Vorfeld bei der Mobilitätszentrale anzumelden.
Was waren die Herausforderungen bei der Erarbeitung des Ersatzkonzepts?
Die Erarbeitung des Ersatzkonzepts war eine Herausforderung. Der Markt für gebrauchte Schienenfahrzeuge ist sehr angespannt, was es schwierig machte, eine möglichst einheitliche Fahrzeugflotte für das Expresskreuz zu finden. Die Züge müssen für mobilitätseingeschränkte Menschen nutzbar sein, außerdem schnell genug, um den Fahrplan zu schaffen. Orte für die Instandhaltung mussten gefunden werden, zum Teil muss Personal für die Fahrzeuge geschult werden.
Welche Konsequenzen folgen für Alstom?
„Alstom hat vertraglich seine Verpflichtung erfüllt, Ersatzzüge zur Verfügung zu stellen. Dennoch werden wir alle rechtlichen Schritte prüfen und gegebenenfalls durchsetzen, um die durch die Lieferverzögerungen entstandenen Schäden zu kompensieren“, erklärt LNVG-Geschäftsführerin Carmen Schwabl.
Hintergrund: Was war passiert?
Im März 2021 hat die LNVG bei Alstom 34 Züge für den Fahrgasteinsatz ab Dezember 2024 bestellt. Im Dezember 2022 wurde die erste Verzögerung bekannt. Mit der stellte Alstom nur noch 10 Züge ab Dezember 2024 in Aussicht, die übrigen Züge sollten ab Dezember 2025 einsetzbar sein.
Im Dezember 2023 kommunizierte Alstom eine zweite Verzögerung. Nun sollten die ersten 10 Züge im Sommer 2025 einsetzbar sein, die übrigen ab Dezember 2025.
Im August 2024 hat Alstom die LNVG über eine dritte Verzögerung in Kenntnis gesetzt. Ab Dezember 2025 sollen lediglich bis zu 20 Züge in Einfach-Traktion (je 6 Wagen), anstelle der bestellten 34 (Einfach- und Mehrfach-Traktion), zur Verfügung stehen. Alle Züge sollen laut Alstom ab Sommer 2026 im Einsatz sein.
Im November 2024 informiert Alstom über die bislang vierte Verzögerung. Nach aktuellem Stand würden erst ab März 2026 die ersten 20 Triebzüge geliefert werden können. Laut LNVG wäre damit der Zugverkehr auf den wichtigen Verbindungen ab Dezember 2025 gefährdet gewesen. Zehntausende Fahrgäste pro Tag wären betroffen.
Zum Expresskreuz gehören derzeit die Linien RE1, RE8 und RE9. Täglich sind auf diesen Verbindungen knapp 40.000 Menschen unterwegs.
Die Linie RE1 soll künftig in Oldenburg geflügelt werden – der vordere Zugteil fährt weiter nach Norddeich Mole, der hintere nach Wilhelmshaven. Dies wird erst möglich sein, wenn alle 34 Triebzüge ausgeliefert sind. Außerdem wird das Dach des Oldenburger Hauptbahnhofs saniert, dadurch gibt es Einschränkungen in der Verfügbarkeit von Bahnsteigen. Erst nach Abschluss dieser Arbeiten können die Züge der RE1 in Oldenburg geflügelt werden.
Quelle: LNVG, Hannover