Verdacht auf Herstellerfehler: DB tauscht 137.000 Betonschwellen aus
[6.9. 2022] Die Deutsche Bahn (DB) hat das umfangreiche Inspektionsprogramm von Betonschwellen im Schienennetz wie geplant Ende August abgeschlossen. Seit Juni haben Expert:innen der DB wegen des Verdachts auf einen Herstellerfehler bundesweit Schwellen eines bestimmten Bautyps geprüft. Die Arbeiten erfolgen vorsorglich, da im Zusammenhang mit dem Unfall bei Garmisch-Partenkirchen am 3. Juni auch Schwellen eines bestimmten Bautyps von den ermittelnden Behörden geprüft werden. Nun steht fest: Rund 137.000 und somit fast zwei Drittel der untersuchten Schwellen müssen ausgetauscht werden.
Überall dort, wo die Expert:innen Auffälligkeiten entdeckt haben, hat die DB umgehend reagiert: Züge fahren langsamer über die betroffenen Schwellen. Vereinzelt mussten auch Streckenabschnitte gesperrt werden. Die DB arbeitet intensiv daran, alle Beeinträchtigungen für Fahrgäste und Güterverkehrskund:innen schnellstmöglich zu beseitigen. Das Austauschprogramm läuft auf Hochtouren: Auf 70 Streckenabschnitten hat die DB bereits Schwellen ausgetauscht und die bestehenden Einschränkungen wieder aufgehoben. Auf 155 Abschnitten stehen die Arbeiten noch bevor, dafür sind bereits überall konkrete Bautermine eingeplant.
Berthold Huber, Infrastrukturvorstand der DB: „Unter einem möglichen Herstellerfehler sollen unsere Kund:innen nicht über Gebühr leiden. Wir tun alles, um die Einschränkungen im Netz und damit längere Fahrzeiten und Umleitungen für unsere Reisenden schnellstmöglich zu beseitigen. Den betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen werden wir die tatsächlich entstandenen Mehrkosten unkompliziert ausgleichen.“
Bis Ende des Jahres sollen nahezu alle betroffenen Strecken wieder regulär befahrbar sein. Teilweise wird sich der Austausch der Schwellen allerdings bis in das kommende Jahr ziehen. Zudem zeichnet sich schon heute ab, dass durch die regulären Inspektionen in geringem Umfang noch weitere Einschränkungen hinzukommen könnten. Mit einer Taskforce koordiniert die DB die aktuell knappen Bauressourcen so, dass sie möglichst effektiv eingesetzt werden können. Dabei haben besonders hoch ausgelastete Strecken zunächst Priorität, um die Einschränkungen im Personen- und Güterverkehr möglichst gering zu halten. Klar ist aber: Reisende und Güterverkehrskund:innen bekommen die Auswirkungen durch Umleitungen, längere Fahrzeiten oder auch Schienenersatzverkehre leider zu spüren. Die DB bedauert diese Einschränkungen sehr und bittet alle Betroffenen um Verständnis und Entschuldigung.
Zum Hintergrund des Schwelleninspektionsprogramms
Die Deutsche Bahn hat seit Juli ein umfangreiches Inspektionsprogramm bei Betonschwellen im gesamten Schienennetz durchgeführt. Expert:innen der DB haben innerhalb weniger Wochen bundesweit rund 200.000 Schwellen eines bestimmten Bautyps und Herstellers überprüft. Die Arbeiten erfolgen vorsorglich, da im Zusammenhang mit dem Unfall bei Garmisch-Partenkirchen am 3. Juni auch Schwellen eines bestimmten Bautyps von den ermittelnden Behörden geprüft werden. Auch wenn die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind und die Unfallursache noch nicht feststeht, hat die DB vorsorglich entschieden, baugleiche Schwellen im Netz zu untersuchen. Erste vorläufige Erkenntnisse aus technischen Gutachten unabhängiger Prüfinstitute legen den Verdacht nahe, dass ein Herstellerfehler vorliegt: Die Schwellen weisen teilweise Unregelmäßigkeiten in der Materialbeschaffenheit auf.
Der entstandene Schaden lässt sich derzeit noch nicht konkret beziffern. Die DB geht von einem dreistelligen Millionenbetrag allein für den Austausch der Schwellen aus. Mögliche Regressansprüche gegenüber dem Schwellenhersteller werden auf Basis der abschließenden Gutachten juristisch geprüft.
Quelle: Deutsche Bahn