Lokomotiven auf der Werft

werft1Drei Krauss-Lokomotiven befördern den Schiffskessel für den Zweischraubendampfer CLEVELAND. Foto: Blohm + Voss

14. April 2011: Im Jahr 1877 gründeten die beiden Ingenieure Hermann Blohm und Ernst Voss auf Steinwärder im Hamburger Hafen die Firma Blohm & Voss, die sich nach anfänglichen Schwierigkeiten nur wenige Jahrzehnte später das Vertrauen der Hamburger Reeder und insbesondere auch das der kaiserlichen Marine erwerben konnte und sich so zu einer der größten Werften Europas entwickelte.  

Wie in vielen anderen großen Industriebetrieben wurden vor der Erfindung anderer Flurförderfahrzeuge auch bei Blohm & Voss Feldbahnen zum Transport von schweren Gütern auf dem Werft-Werksgelände benutzt. Die Gleisanlagen waren auf den Hauptrouten von der Produktion der Einzelteile mehr oder weniger fest installiert, von den Verteilerpunkten verzweigten sie sich bei Bedarf über zeitweise verlegte Joche immer weiter zu allen Montagepunkten der jeweiligen Schiffs-Bauplätze. Dabei war darauf zu achten, dass die Gleise bis zum Helgen sorgfältig verlegt wurden, da die herbeigefahrenen Ausrüstungsteile immens groß und schwer waren und teilweise mehrere Dampfloks gleichzeitig notwendig waren, um diese Lasten zu bewältigen.

Ein hervorragendes Beispiel hierzu ist die oben gezeigte Ansicht vom Schiffskessel für den Zweischraubendampfer CLEVELAND, der als Fracht- und Fahrgastschiff im Jahr 1909 abgeliefert wurde. Die Aufnahme zeigt den gewaltigen Röhrenkessel, der auf massiven Transportgestellen von drei Feldbahn-Dampflokomotiven zum Bauplatz überführt wird. Bei den Maschinen dürfte es sich um Krauss-Lokomotiven gehandelt haben, die sämtlich für Holzfeuerung ausgelegt und so mit einem Kobel-Schornstein versehen waren. Holz fiel im Schiffbau regelmäßig in großen Mengen an, so dass die Maschinen kostengünstig befeuert werden konnten.

Werft2aEine Krauss-Feldbahnlok vor dem Kreuzer „Mackensen“. Foto: Blohm + Voss

Unsere zweite Aufnahme zeigt den Stapellauf des Kreuzers Seiner Majestät (S.M.) „Mackensen“, benannt nach dem Generalfeldmarschall August von Mackensen (1849 – 1945) im April 1917. Dieser Kreuzer war Namensgeber einer ganzen Schiffsgeneration, der „Mackensen“-Klasse. Rechts im Vordergrund ist eine Krauss-Feldbahnlokomotive, die eine kleine Eisenlore hinter sich herzieht. 

Bereits zur Zeit des zweiten Weltkrieges hatten die Schmalspurbahnen auf der Werft ausgedient. Unklar ist, ob Loks als Heizloks gehalten wurden oder ob sie als Schrott abgestellt wurden. Die letzten Reste davon lagen 1948 nach Zerstörung und Demontage noch auf der Werft. 

Neben den Schmalspurbahnen gab es aber auch noch andere Loks „auf der Werft“. Nach Ende des ersten Weltkrieges durfte Blohm & Voss keine Schiffe mehr bauen, so dass die Eigner dringend um andere Arbeiten verlegen waren. Blohm + Voss bat in dieser Not die Eisenbahndirektion Altona um Überweisung von Reparaturaufträgen für Lokomotiven, die allerdings nicht sofort erteilt wurden. Erst nach der Intervention des Demobilmachungskomissars, der drohende Unruhen unter den Arbeitern befürchtete, wurden ab April 1919 die ersten Lokomotiven zugeführt. Diese Aufträge sorgten für Beschäftigung von 1.000 Arbeitern für nahezu sechs Jahre – Mitte 1925 verließ die letzte Lok die Werft. Im Laufe dieser Zeit reparierte Blohm + Voss 378 Lokomotiven, 95 einzelne Kessel und 25 einzelne Tender.

werft3Die spätere 18 010 weilte zu Reparaturarbeiten auf der Werft.
Aufnahme: Blohm + Voss

Unsere Aufnahme aus dem Archiv Blohm + Voss zeigt die XVIII H 205 der Sächsischen Staatsbahn, der späteren 18 010, die erst im März von der Lokfabrik Hartmann abgeliefert worden war und nur wenige Jahre später in Hamburg zur Reparatur weilte.

Literatur: 

Hans-Jürgen Witthöft: Tradition und Fortschritt – 125 Jahre Blohm + Voss. Köhler, Hamburg 2002 (vergriffen).